Sonntag, 4. März 2012

Mit dem Hausboot durch die Kanäle

Die Backwaters sind ein Kanalsystem, das sich hinter der Küste befindet. In Kerala sind sie besonders idyllisch, spielt sich dort doch das Leben vieler Menschen ab. 

Die Reisbauern, die dank des vielen Süßwassers ihre Felder dort bestellen, wohnen in kleinen Häusern und Hütten an den Ufern und kennen als einziges Fortbewegungsmittel ihr Boot oder Schiff. In komfortablen Hausbooten können Besucher die Backwaters erkunden.


Yuki darf fast alles. Sogar auf den Tisch springen. Der weiße Spitz von Reetha ist der Liebling der ganzen Familie. Mit Reetha geht er und seine zwei Hundebrüder jeden Morgen den Damm entlang. Zehn Meter ist der Damm breit und irgendwann endet er an einer Kanalkreuzung. Dann dreht die kleine Gruppe wieder um.  Das geht jeden Tag so bevor Reetha in ihre Ayurveda Praxis geht, wo schon Shruta und Deepak auf sie warten. Shruta hat alles blitzblank geputzt und ihr Kollege brüht einen heißen Tee auf – mit viel Milch und Zucker.


Reetha ist spezialisiert auf Ayurvedische Massagen.  Touristen, die mit den Hausbooten durch die Kanäle fahren, lassen sich gerne von ihr behandeln. Eine gute Einnahmequelle, denn im Laufe des Tages kommen Hunderte der bienenkorbartigen Boote bei ihr vorbei. Ihr Bruder ist Kapitän auf einem solchen Schiff und er macht natürlich kräftig Werbung für die Praxis seiner Schwester. 
Mahesh, Reethas Mann, ist ebenfalls Masseur und wer unter seine kräftigen Hände kommt, hat erst mal nichts zu lachen. Nach der Behandlung fühlen wir uns aber wie neugeboren. Maheshs Brüder sind wie viele hier Reisbauern. Paddy Fields, wie sich die Reisfelder  nennen, sind  neben dem Tourismus die Haupteinkommensquelle und machen ganz nebenbei den Charme der Backwaters aus.
Reetha checkt hat, ob alles in Ordnung ist in der Praxis, dann macht sie sich auf den Weg in die Kirche. Es ist Sonntag und der Wasserbus kommt gleich. Entlang der Kanäle sind in Abständen überall kleine  Haltestellen zu sehen, unter deren Dächern sich die Kirchgänger sammeln.  In den Backwaters finden sich viel mehr christliche Kirchen als Hindutempel, weiße Gebäude im Zuckerbäckerstil. Private Boote sind dorthin genauso unterwegs wie die Wassertaxis.

Nachdem Mahesh und eine Kollegin uns massiert haben, sind wir wieder fit, fürs Sightseeing, zumal wir einfach nur in unseren Korbsesseln auf dem Schiff sitzen müssen.  Die Ufer- und Wasserwelt, die an uns vorbeizieht,  kommt uns vor, als ob sie extra für uns arrangiert wäre.  Wir faulenzen auf der Terrasse unseres Bienenkorbs und lassen und von Arjun und Gopalan bedienen. Während der eine das Lenkrad fest in der Hand hat und einen Regenschirm gegen die Sonne über seinem Kopf balanciert, bringt der andere immer mehr köstliche Gerichte und Snacks zu uns heraus.

Beim Frühstück haben wir schon nur einen Bruchteil der Spezereien essen können, nun haben wir das Gefühl, bald aus allen Nähten zu platzen. Aber wir wollen Gopalan nicht enttäuschen. Also essen wir tapfer – Bananen in gewürztem Teig und Idly, kleine Reiskuchen, sowie Pfannkuchen mit Ananas gefüllt und diverse Saucen und Reisgerichte. Lesen, schauen, essen und einfach nur das Paradies genießen, so stellt man sich „God’s own country“ vor, wie Kerala auch genannt wird.
Gegen Abend nimmt der Verkehr auf den Wasserstraßen noch einmal zu. Jedes Hausboot hat ein anderes Design und während unseres nur ein Schlafzimmer besitzt,  gibt es ganze Wasserpaläste mit zahlreichen Zimmern, deren Besatzung aus Großfamilien besteht.  Die Schiffe sind auf dem Weg von Kumarakom nach Allepey, dem Heimathafen der Hausboote, wo sie die Nacht verbringen werden.  Noch bevor es Abendessen gibt, hören wir Donner von fern.  Draußen schwirren Glühwürmchen herum.  Dann plötzlich gießt es wie aus Eimern und Gopalan und Arjun schaffen es gerade noch rechtzeitig, die Planen, die das Schiffsinnere vor Regen schützen, herunterzulassen.

Der Regen prasselt auf unser Strohdach und eine heimelige Atmosphäre macht sich breit. So schnell, wie er gekommen ist, hört er auch wieder auf aber da fallen wir auch schon in unser Bett. Nichtstun macht eben doch schon ganz schön müde.

Text und Fotos: Senya Müller